Aktuelles

Zurück

Inkrafttreten des WEMoG zum 1.12.2020 Die 10 wichtigsten Neuerungen für die notarielle Praxis (Stand: 26.10.2020)

1. Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen

Nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n.F. gelten (alle) Stellplätze als Räume im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1
WEG. Zukünftig können also auch Stellplätze im Freien als Sondereigentum ausgestaltet werden.
Gemäß § 3 Abs. 2 WEG n.F. kann zudem Sondereigentum auch auf einen außerhalb des Gebäudes
liegenden Teil des Grundstücks (Freiflächen) erstreckt werden, es sei denn, die Räume bleiben
dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache. Die Möglichkeit, Sondernutzungsrechte
einzuräumen, wird durch die Reform nicht beseitigt. § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n.F. und § 3 Abs. 2
WEG n.F. schaffen also zusätzliche Varianten, die im Vergleich zu den Sondernutzungsrechten
gewisse Vorteile bieten. Die Möglichkeit der Einräumung von Sondernutzungsrechten wird jedoch
nicht beseitigt. Bisher vorbereitete oder beurkundete Teilungserklärungen, die
Sondernutzungsrechte einräumen, können auch nach dem 1.12.2020 noch vollzogen werden.
Wichtig: Vorsicht ist geboten bei bereits vorbereiteten Teilungserklärungen, die
Sondereigentum an TG-Stellplätzen vorsehen. Da § 3 Abs. 3 WEG n.F. für Stellplätze (auch
für TG-Stellplätze) und außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks (sofern sie
Sondereigentum werden soll) zwingend Maßangaben im Aufteilungsplan fordert, genügen
die bislang verwendeten Pläne ggf. nicht mehr den Anforderungen des neuen Rechts. Eine
Übergangsregelung für diese Fälle sieht das WEMoG nicht vor. Auch wenn sich gute Argumente
für eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG n.F. finden lassen werden, sollte nach dem
Prinzip des sichersten Weges davon ausgegangen werden, dass ein Aufteilungsplan, der TGStellplätze
in Form des Sondereigentums vorsieht und keine Maßangaben enthält, vor dem
1.12.2020 im Grundbuch vollzogen sein muss. Es sollten also entweder bereits Pläne mit
Maßangaben zugrunde gelegt oder ein Vollzug bis zum 30.11.2020 beim Grundbuchamt erbeten
werden.


2. Auslegung von „Altvereinbarungen“

Für die Gestaltung der Gemeinschaftsordnung im Übergangszeitraum (bis zum 1.12.2020) gilt im
Übrigen Folgendes: Gem. § 47 S. 1 WEG n.F. setzt sich im Zweifel die neue gesetzliche Vorschrift
gegenüber einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung, die vor dem 1.12.2020 beurkundet
wurde durch. Es wird vermutet, dass im Zweifel kein Wille bestand, dass die alte
Gemeinschaftsordnung vorrangig sein soll. Der Beweis des Gegenteils muss sich aus der
Vereinbarung selbst ergeben, § 47 S. 1 WEG n.F. Es empfiehlt sich also auch vor dem 1.12.2020
2
beurkundete Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen (das Gesetz spricht in § 47 WEG
neue Fassung schlicht von „Altvereinbarungen“) auf das neue Recht abzustimmen.


3. Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

Gem. § 9a Abs. 1 WEG n.F. ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nunmehr
vollumfänglich rechtsfähig und nicht mehr nur teilrechtsfähig im Rahmen der Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums (§ 10 Abs. 6 WEG a.F.).


4. Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Der Verwalter kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich
(unbeschränkt und unbeschränkbar) vertreten. Diese Vertretungsmacht besteht lediglich nicht für
den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträge, § 9b Abs. 1 WEG n.F.


5. Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums

Gemäß § 18 Abs. 1 WEG n.F. obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nunmehr
der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht mehr den Wohnungseigentümern (so noch
§ 20 Abs. 1 WEG a.F.). Auch sonst gilt das Prinzip, dass die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechtes sowie
solche Rechte der Wohnungseigentümer ausübt, die einer einheitlichen Rechtsverfolgung
bedürfen, § 9a Abs. 2 WEG n.F.


6. Entstehung der Gemeinschaft

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht nun – auch im Falle der Teilung gemäß § 8
WEG – mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher, § 9a Abs. 1 S. 2 WEG n.F. Eine
Wohnungseigentümergemeinschaft mit nur einem Eigentümer ist möglich. Die Figur der
„werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ wird obsolet. Gesetzlich kodifiziert ist nunmehr
der „werdende Wohnungseigentümer“. Gem. § 8 Abs. 3 WEG n.F. gilt gegenüber der
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (also im Innenverhältnis) derjenige anstelle des teilenden
Eigentümers als Eigentümer, der einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen
den teilenden Eigentümer hat und durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist.


7. Erleichterung von baulichen Maßnahmen

Bauliche Maßnahmen werden gegenüber dem alten Recht erheblich erleichtert. Nach altem Recht
waren bauliche Maßnahmen fast immer nur mit Zustimmung aller Eigentümer möglich. § 20 Abs.
2 WEG n.F. sieht vor, dass jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Maßnahmen
verlangen kann, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch
betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchschutz oder (das „und“ im Gesetz an dieser Stelle ist als
„oder“ zu lesen) dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen
(insb. also Glasfaserleitungen). § 20 Abs. 3 WEG n.F. sieht zudem einen Anspruch eines jeden
Wohnungseigentümers vor, dass ihm bauliche Maßnahmen gestattet werden müssen, die andere
Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigen (oder denen die beeinträchtigten
Wohnungseigentümer zugestimmt haben). Stets ist für die baulichen Maßnahmen jedoch ein
Beschluss erforderlich. Die Pflicht zur Kostentragung bei baulichen Veränderungen richtet sich
nach § 21 WEG n.F.

8. Eintragungsfähigkeit von Beschlüssen aufgrund Öffnungsklausel

§ 10 Abs. 3 WEG n.F. sieht vor, dass nunmehr auch Beschlüsse, die „aufgrund einer Vereinbarung“
gefasst werden (also in der Regel aufgrund einer sog. Öffnungsklausel), ins Grundbuch eingetragen
werden können. Nur dann entfalten sie Wirkung gegen den Sondernachfolger eines
Wohnungseigentümers. Die Eintragung erfolgt gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 WEG n.F. aufgrund eines
Antrags der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Verwalter. Gemäß § 7
Abs. 2 S. 1 WEG n.F. genügt zum Nachweis des Beschlusses die Vorlage einer Niederschrift, bei
der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen
(Versammlungsvorsitzender, ein Eigentümer und gegebenenfalls Vorsitzender des
Verwaltungsbeirats) öffentlich beglaubigt sind.


9. Eintragung einer Veräußerungsbeschränkung in das Grundbuch

Eine Veräußerungsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 1 WEG muss gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 WEG n.F.
nunmehr zwingend in das Bestandsverzeichnis eingetragen werden. Dies war in § 3 Abs. 2 WGV
zwar bereits geregelt, dessen materiell-rechtliche Bedeutung war jedoch umstritten.


10. Zertifizierter Verwalter

§ 26a WEG n.F. führt den Begriff des „zertifizierten Verwalters“ ein. Als solcher bezeichnen darf
sich nur, wer durch eine Prüfung vor einer Industrie- und Handelskammer nachgewiesen hat, dass
er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und
technischen Kenntnisse verfügt. Gemäß § 48 Abs. 4 WEG n.F. gilt eine Person, die am 1.12.2020
Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gegenüber dieser konkreten Gemeinschaft
bis zum 1.6.2024 als zertifizierter Verwalter.

Quelle: Deutsches Notarinstitut